Alles zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff
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2017 wurden die drei bis dahin gültigen Pflegestufen durch fünf Pflegegrade abgelöst, die kognitive, psychische und körperliche Beeinträchtigungen gleichermaßen berücksichtigen.
Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sind die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in den nachfolgenden sechs Bereichen.
- Mobilität: Wie selbstständig kann die Person sich fortbewegen und seine Körperhaltung ändern?
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Wie findet sich die Person im Alltag örtlich und zeitlich zurecht? Kann sie für sich selbst Entscheidungen treffen? Kann sie Gespräche führen und Bedürfnisse mitteilen?
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Wie häufig benötigt der Mensch Hilfe aufgrund von psychischen Problemen, wie etwa aggressivem oder ängstlichem Verhalten?
- Selbstversorgung: Wie selbstständig kann sich der Mensch im Alltag versorgen bei der Körperpflege, beim Essen und Trinken?
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Welche Unterstützung wird benötigt beim Umgang mit der Krankheit und bei Behandlungen? Zum Beispiel Medikamentengabe, Verbandswechsel, Dialyse, Beatmung.
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Wie selbstständig kann der Mensch noch den Tagesablauf planen oder Kontakte pflegen?
Aufgrund einer Gesamtbewertung aller Fähigkeiten und Beeinträchtigungen erfolgt die Zuordnung zu einem der fünf Pflegegrade.
Die Zuordnung zu einem Pflegegrad erfolgt anhand eines Punktesystems. Für jeden der sechs Bereiche (auch Module genannt) wird ein Punktwert ermittelt. Die Höhe der Punkte orientiert sich daran, wie sehr die Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Grundsätzlich gilt: Je höher die Punktzahl, desto schwerwiegender die Beeinträchtigung. Die sechs Module werden dann unterschiedlich gewichtet.
Eine Besonderheit besteht darin, dass nicht beide Werte der Bereiche 2 (Kognitive und kommunikative Fähigkeiten) und 3 (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen), sondern nur der höchste der beiden Punktwerte in die Berechnung eingeht. Die Berechnung des Pflegebedarfs setzt sich also immer aus fünf unterschiedlich gewichteten Punktwerten bzw. Modulen zusammen.
Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn der Gesamtpunktwert mindestens 12,5 Punkte beträgt. Der Grad der
Pflegebedürftigkeit bestimmt sich wie folgt:
- Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Punkte (geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten)
- Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte (erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten)
- Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte (schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten)
- Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten)
- Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung).
Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft.
Im Regelfall wird die Pflegestufe in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet. Besteht eine zusätzlich festgestellte Beeinträchtigung der Alltagskompetenz (sogenannte PEA, zum Beispiel bei einer Demenz) dann erfolgt eine Überleitung in den übernächsten Pflegegrad.
In dem PDF "Fragen und Antworten rund um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff" finden Sie eine Tabelle, in der möglichen Überleitungen und die alten und neuen Leistungshöhen für die Hauptleistungen dargestellt werden.
Weitere Informationen finden Sie außerdem in den Informationen über die Leistungen bei Pflegegrad 1 sowie über Leistungen bei Pflegegrad 2 - 5.
Ab dem 1. Januar 2017 wird der Pflegegrad 1 neu eingeführt.
Es findet keine Überleitung in den Pflegegrad 1 statt. Hier stehen Versicherten die folgenden Leistungen zu:
- Pflegeberatung
- Beratung in der Häuslichkeit
- Versorgung mit Pflegehilfsmitteln
- Zuschüsse für Verbesserungen des Wohnumfeldes
- bis zu 125 Euro monatliche Kostenerstattung für Betreuungs- und Entlastungsleistungen in der häuslichen Pflege
- Leistungsbetrag von 125 Euro in der vollstationären Pflege
Weitere Informationen finden Sie in den Leistungen bei Pflegegrad 1
Die Feststellung von Pflegebedürftigkeit bei Kindern folgt grundsätzlich den gleichen Prinzipien wie bei Erwachsenen. Auch bei Kindern beurteilt sich die Pflegebedürftigkeit danach, wie selbstständig ein Kind ist und in welchem Umfang Fähigkeiten vorhanden sind. Bei der Beurteilung von Pflegebedürftigkeit von Kindern werden die Selbstständigkeit, beziehungsweise die Fähigkeiten des pflegebedürftigen Kindes mit denen eines gesunden, gleichaltrigen Kindes verglichen. Ab einem Alter von elf Jahren kann ein Kind in allen Bereichen, die in die Berechnung des Pflegegrads eingehen, selbstständig sein. Für Kinder in diesem Alter gelten dann dieselben pflegegradrelevanten Berechnungsvorschriften wie bei Erwachsenen.
Kinder dieser Altersgruppe sind aufgrund ihrer Entwicklung in allen Bereichen des Alltagslebens unselbstständig, so dass sie in der Regel keine oder nur niedrige Pflegegrade erreichen könnten. Um sicherzustellen, dass auch diese Kinder einen angemessenen Pflegegrad erlangen können, werden zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit die altersunabhängigen Module 3 (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen), sowie 5 (Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen) herangezogen. Ein wichtiger Faktor bei der Begutachtung ist auch, ob gravierende Probleme bei der Nahrungsaufnahme bestehen, die einen außergewöhnlichen pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen. Darüber hinaus sieht eine Sonderregelung vor, Kinder im Alter von bis zu 18 Monaten pauschal einen Pflegegrad höher als bei der Begutachtung festgestellt, einzustufen. In diesem Pflegegrad können sie ohne weitere Begutachtung bis zum 18. Lebensmonat verbleiben.
FAQ zum Pflegebedürftigkeitsbegriff
Redaktion: Diakonie/Benjamin Wolgast, Justine Schuchardt