Häusliche Gewalt: "Die Frauen kommen heute mit mehr Problemen."
- Hilfe bei Lebensfragen
- Gewalt gegen Frauen
Frauenhäuser haben ein chronisches Finanzierungsproblem, beklagt Pari Teimoori, Leiterin des Frauenhauses Bora in Berlin. Dabei ist die Hilfe für Frauen mit Gewalterfahrungen wichtiger denn je.

Die Leiterin des Frauenhaus Bora Pari Teimoori
Wer kommt ins Frauenhaus?
Zu uns kommen vor allem Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, aber auch Frauen, die durch Menschenhandel nach Deutschland kamen oder in Zwangsehen leben.
Wie viele Plätze haben Sie?
Wir haben 24 Zimmer und 53 Plätze, viele Frauen kommen mit ihren Kindern. In manchen Zimmern stehen also vier Betten, eins für die Frau und die anderen für ihre Kinder. Die Frauen leben hier auf drei Etagen, auf denen es jeweils zwei Küchen und Bäder gibt, die sie sich teilen. Für die Kinder gibt es einen Spielbereich.
Reichen die Plätze aus für die hilfesuchenden Frauen?
Seit mehreren Jahren sind alle sechs Berliner Frauenhäuser durchgehend voll. Auch wir haben mehr Anfragen als Plätze. Deshalb haben die Träger der Frauenhäuser, der Zufluchtswohnungen und Beratungsstellen die AG Standard gegründet. Unser Hauptthema ist derzeit die Vollbelegung der Häuser. Wir wissen, dass der Senat nicht viel Geld hat, verlangen aber, dass unsere Mitarbeiterinnen eine Tarifgerechte Entlohnung erhalten und vor allem, dass in Berlin ein siebtes Frauenhaus gegründet wird.
Sie sind schon seit mehr als zehn Jahren Leiterin des Hauses, haben sich die Geschichten der Frauen verändert, die zu Ihnen kommen?
Am Anfang kamen auch Frauen, die gearbeitet haben. Zurzeit beziehen alle Frauen, die bei uns leben, Arbeitslosengeld II. Außerdem kommen immer mehr Frauen mit psychischen Auffälligkeiten zu uns. Viele von ihnen haben jahrelang Gewalt erlebt, oft schon in der eigenen Kindheit. Das erschwert unsere Arbeit, weil die Frauen neben der Verarbeitung ihrer aktuellen Gewalterfahrung oft auch noch andere Hilfe brauchen, etwa weil sie verschuldet sind. Die Frauen kommen heute also nicht mit einem Problem, sondern mit einem großen Paket an Herausforderungen.
Wie verändern sich die Frauen während ihrer Zeit im Frauenhaus?
Wenn sie das Haus verlassen, sind sie selbstbewusster, weil sie hier im Mittelpunkt stehen. Unsere Mitarbeiterinnen begleiten die Frauen, bevormunden sie aber nicht. Die Frauen gehen mit der Hoffnung, dass sie ab jetzt gewaltfrei leben. Manche zum ersten Mal in ihrem Leben. Oft sehen sie auch anders aus. Sie kommen gebückt und ängstlich. Wenn sie gehen, gehen sie aufrechter und stolz. Man sieht einfach, dass es den Frauen gut geht, weil sie gelernt haben: Du hast ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt.
Interview: Claudia Maier