Wissenswertes zu integrativen Kindertagesstätten

  • Hilfe bei Behinderung

Deutschlandweit werden immer mehr Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen in Kindertageseinrichtungen gemeinsam gebildet, erzogen und betreut.

Portrait von Rabia, 6 Jahre alt
© Mascha Schacht

Die 6-jährige Rabia geht in eine integrative Kindertagesstätte

Melanie Kohlhöfer leitet die Integrative Kindertagesstätte der Evangelischen Martinusgemeinde in Frankfurt. Sie hat Antworten auf häufig gestellte Fragen.

Welche Kinder können eine integrative Kindertagesstätte besuchen?

Melanie Kohlhöfer: Alle Kinder - rein rechtlich gibt es keine Ausschlusskriterien. In der Praxis sind die räumlichen und personellen Möglichkeiten allerdings vielerorts noch sehr begrenzt. Wir sind zum Beispiel die einzige Kita in Frankfurt, die derzeit barrierefreie Toiletten erhält. Manchmal müssen Kitas auch Kinder ablehnen, unter anderem, weil spezielle Weiterbildungen für die Fachkräfte an der Finanzierung scheitern. Grundsätzlich versuchen viele Einrichtungen aber, flexible Lösungen zu finden.

Welche Vorteile hat eine integrative Kita für Kinder mit und ohne Behinderung?

Kohlhöfer: Kinder mit Behinderung fühlen sich angenommen und werden selbstbewusster. Dadurch und dank der intensiven Betreuung machen sie oft auch in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung große Fortschritte. Kinder ohne Behinderung erwerben hohe soziale Kompetenzen, die ihnen ein Leben lang von Vorteil sind. Für viele Eltern ist auch der Personalschlüssel ein wichtiges Argument. Bei uns kommen im Schnitt drei Betreuer auf 15 Kinder. Allerdings sind solche Zahlen relativ, da die Fachkräfte sich um Kinder mit umfassenden Behinderungen entsprechend intensiver kümmern müssen. Wichtig ist, dass der normale Kindergartenalltag nicht hinter den Bedürfnissen der Kinder mit Behinderungen zurücksteht. Eltern sollten gezielt danach fragen und sich das Konzept der Kita vorstellen lassen. Da es leider noch viel zu wenige integrative Einrichtungen gibt, kann die räumliche Entfernung zwischen Wohnort und Kita ein kleiner Nachteil sein. Freundschaften über Dorf- oder Stadtteilgrenzen zu pflegen, ist etwas aufwändiger.

Sind die Elternbeiträge für integrative Kitas höher als für nicht-integrative?

Kohlhöfer: Bei uns in Frankfurt richtet sich der Monatsbeitrag nach der täglichen Betreuungszeit und dem Einkommen der Eltern. Die Kriterien zur Beitragsberechnung sind allerdings von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Grundsätzlich sind für die Eltern integrative Kitas aber nicht teurer als „normale“.

Wird in integrativen Kitas mehr Initiative vonseiten der Eltern erwartet?

Kohlhöfer: Das kommt sicherlich auf die Kita an und ist ein weiterer Grund, weshalb sich Eltern im Vorfeld über das pädagogische Konzept informieren sollten. Bei uns verfolgen wir eher den umgekehrten Ansatz, wir möchten die Mütter und Väter entlasten. Deshalb kommen zum Beispiel Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten zu uns in die Kita, das spart den Eltern den Weg zur Therapie. Grundsätzlich gilt bei uns auch: Kinder sind Kinder. Jungen und Mädchen ohne Behinderung sollen keine Erwachsenenrolle übernehmen müssen. Patenschaften, die unsere Kinder – egal ob mit oder ohne Behinderung – für Neuankömmlinge übernehmen können, sind daher immer freiwillig.

Muss man sich besonders früh bewerben oder bestimmte Formalitäten beachten?

Kohlhöfer: Nein, es gelten dieselben Kriterien wie für andere Kindertagesstätten. Gerade bei den integrativen Plätzen versuchen wir immer, den Eltern kurzfristig und unkompliziert zu helfen. Unabhängig davon, ob das Kind eine Behinderung hat, sollte man bei der Suche nach einem Kita-Platz aber nicht nur auf eine einzige Einrichtung setzen.

Interview: Mascha Schacht